Das re:mynd in Flammen

Things we lost in the fire

"In eurer Küche hat es gebrannt" – als unser Vermieter diese Worte am frühen Samstagmorgen aussprach, war ich im ersten Moment sprachlos. "Scheiße" war das erste Wort, das mir einfiel. Jetzt, wo es nach der Corona-Dürrezeit halbwegs weiterging und sich unser Kalender stetig füllte, war ein Feuer so ziemlich das Letzte, was ich gebrauchen konnte. Ich wollte heulen und musste lauthals lachen über die Treffsicherheit von Murphy.

Die Schockstarre verflog schnell, jetzt musste direkt gehandelt werden. Für Dienstag hatte sich bereits die erste Kundengruppe angemeldet für eine 2-tägige Veranstaltung mit 45 Teilnehmern.

Ich rief Yvonne an. Immer und immer wieder. Da sie nicht abhob, kämpften sich die Tränen vor. Ich rief meine Mom an. Sie beruhigte mich "Ruf die Kripo an, ich versuche es weiter bei Yvonne". Meine Mom war erfolgreich. Yvonnes Mann rief zurück und sagte, dass sie gleich auf dem Weg sind.

Kein Zutritt – Warten und Zittern
Als ich im re:mynd ankam, war es bereits zu riechen. Der Brandgeruch war überall. Yvonne saß in unserem Foyer. In ihrem Gesicht waren Schock, Wut und Trauer klar zu erkennen. Eigentlich wollte sie heute mit ihrer Tochter ein Kleid für ihre Abschlussfeier kaufen und den Samstag mit ihrem Mann verbringen. Aber, wenn uns die ganze Corona-Zeit etwas gelehrt hat, dann ist es, dass du nichts planen kannst.

Zwei Stunden warteten wir auf die Kripo, unfähig den Raum des Geschehens zu betreten. In der Nacht hatte unser Wasserspender einen Kurzschluss und entfachte einen Schmorband, der die komplette Küche in eine schwarze Höhle verwandelte. Fuck... "I set fire to he rain", Adeles Song schoss mir in den Kopf und setzte sich wie ein Ohrwurm fest. "... Oh-oh...Let it burn..."
Eine geschlagene Dreiviertelstunde dauerte die Aufnahme durch die Kripo. 45 lange Minuten, in denen Yvonne und ich durchgehend unser Lieferantennetzwerk und mögliche Helfer anriefen. Als wir dann endlich in die Küche durften, hatten wir von sämtlichen Lieferanten Ersatz- oder Leihgeräte zugesagt bekommen. Die Helfer waren unterwegs – zum Teil sogar Freunde aus Holland und meine Eltern aus der Nähe von Bremen.

Sitting by the fire
Die Küche war ein einziges schwarzes Loch. Teller, Kannen, Möbel – alles war von einer dicken Schicht Ruß überdeckt. Hinzu kam der penetrante Rauchgeruch. Yvonne und ich schauten uns an. Die Frage, wo und womit wir anfangen, hing schwer zwischen uns. "Alles muss raus. Wir müssen sortieren, was hinüber ist und was weiterverwendet werden kann." "Wir müssen den Boden abdecken, um nicht unnötig Dreck in die anderen Räume zu tragen." "Brownpaper – wir nehmen das Brownpaper und legen den kompletten Weg zur Terrasse samt Wänden damit aus. Wir teilen uns auf." "Die großen Möbel gehen aus dem Fenster, die Kisten mit dem Geschirr auf dem Wagen." "Wo spülen wir? Funktioniert die Spülmaschine noch?" "Was brauchen wir vom Baummarkt?" Auf einmal ging alles ganz schnell – als hätten wir in unserem Leben nichts anderes getan war binnen weniger als zwei Stunden der Boden präpariert, die Küche leergeräumt und die benötigten Utensilien aus dem Baumarkt geholt. Zum Glück liefen – wenn auch angebrannt – Radio und Spülmaschine noch.

Harder, better, faster, stronger
Eugen war in der Zwischenzeit auch eingetroffen. Ein einziger Anruf und er hatte sich nach einer kurzen Nacht aus dem Bett gequält, um zu unterstützen. Das re:mynd-Team war komplett – es konnte losgehen.

Ich übernahm den Spüldienst. Glas für Glas, Teller für Teller, Gabel für Gabel – alles musste doppelt und dreifach gespült, poliert und nochmal gespült werden. Das war das erste Mal, dass ich so richtig realisierte, wieviel Equipment wir eigentlich haben. Und täglich grüßte das Murmeltier – ich fühlte mich wie Bill Murrey in einer Endlosschleife zwischen Geschirr und Besteck gefangen. Yvonne übernahm die Koordination draußen. Auch ihr wurde in diesem Moment klar, wieviel doch in so eine kleine 30 qm große Küche passte. Die komplette Terrasse stand voll mit Möbeln und Equipment – sauber aufgeteilt in "kann / muss weg" und "wir schauen mal, ob wir das retten können". Yvonne führte eine Liste für die Versicherung, sortierte, wahrte die Übersicht. Eugen kümmerte sich mit den Jungs um die Reinigung der großen Möbel. Schwerlastregale, Metallaktenschränke, Kühlschränke, diverse Kisten – die Liste war lang und alles musste per Hand gereinigt und zum Teil ersetzt werden.
Unsere fleißigen Helfer sortierten sich zu den jeweiligen Aufgabenbereichen und unterstützen uns unermüdlich bei der Instandsetzung unserer Küche. Während wir unseren Aufgaben nachgingen, strich Yvonnes Mann Reiner unsere Küche. Und wir wären nicht die, die wir sind, wenn wir der Wand dabei nicht noch ein neues Design verpasst hätten (wir wollten eh renovieren :)). Für das leibliche Wohl sorgten Julia und Volker von unserem Cateringpartner Foodvoju. Es lief...

And the beat goes on...
Nach zwei Tagen gefühlt endlosen Sortierens, Aufräumens und Spülens, waren wir am Sonntagabend um 19:30 Uhr fertig. Müde und dreckig, aber unendlich glücklich und zufrieden verließen wir die Fläche. Unsere Küche war – wenn auch provisorisch mit Reisverschlusstür – einsatzbereit für unsere Gäste am Dienstag.

Wieder mal hat sich gezeigt, dass wir ein unglaubliches Netzwerk an Freunden, Familien und Dienstleistern haben, die gerade in solche Situationen der gefühlten Ausweglosigkeit ohne "Wenn" und "Aber" an unserer Seite sind und dafür Wege und Strapazen auf sich nehmen. Wir sind unfassbar stolz solche Menschen zu kennen.

"Es geht nicht darum, wie hart du austeilst, sondern wieviel zu einsteckst und weitermachst. Einstecken und Weitermachen!" Dieses wundervolle Zitat von Rocky Balboa (Sylvester Stallone) begleitet mich schon mein halbes Leben. In den letzten Jahren ist es zu einer Art Mantra geworden, was ich immer wieder hervorhole, wenn es gefühlt nicht weitergeht. Man kann traurig sein, wütend schreien, Alles und Jeden verfluchen – aber am Ende hat man es allein in der Hand, dass es weitergeht – wenn man nicht aufgibt. In diesem Sinne kann ich für das ganze re:mynd-Team sprechen: auch wenn wir uns über ein klein wenig Ruhe und Kontinuität freuen würden, wir stellen uns jeder Herausforderung, räumen alle Steine aus dem Weg und machen unseren Weg.

Lasst es euch gut gehen,
Eure Jana

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